Das Übereinkommen über die soziale Sicherheit der Rheinschiffer wurde 1949 von einer ILO-Konferenz verabschiedet und war das erste europäische multilaterale Instrument für soziale Sicherheit, durch das eine Regelung geschaffen wurde, mit der die Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit der betreffenden Länder im Interesse der Rheinschiffer als Wanderarbeitnehmer koordiniert wurden.
Das Übereinkommen über die soziale Sicherheit der Rheinschiffer wurde 1979 revidiert (die neue Fassung trat am 1.Dezember 1983 in Kraft) und übernahm die zwischenzeitlich mit der EG-Ratsverordnung 1408/71 über Wanderarbeitnehmer eingeführten Verbesserungen.
Zu Inhalt und Geschichte des Rheinübereinkommens siehe: Helmut Creuz, Revue internationale du Travail, Januar/Februar 1981; Albert BOUR, Kolloquium zur Geschichte der sozialen Sicherheit - Congrès national des sociétés savantes (Kongress der französischen "Gelehrten Gesellschaften") (Straßburg 5. bis 9. April 1988).
Vertragsparteien des Übereinkommens sind die Mitgliedstaaten der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt, d. h. derzeit Deutschland, Belgien, Frankreich, Niederlande und Schweiz sowie Luxemburg.
Das Rheinübereinkommen ist ein Koordinierungsinstrument, das für die Rheinschiffer als einer besonderen Gruppe von Wanderarbeitnehmern gilt, die dadurch, unabhängig vom Ort ihres Arbeitseinsatzes, ihres Wohnsitzes oder des Ortes, an dem der Leistungsfall eintritt, (insbesondere bezüglich des Erwerbs von Leistungsansprüchen und der Anrechnung sämtlicher Erwerbstätigkeits- oder Beschäftigungszeiten) in den Genuss einer die verschiedenen einschlägigen Zweige der Sozialversicherungssysteme koordinierenden Regelung kommen. Am 26. November 1987 wurde zwischen den zuständigen Behörden der Vertragsparteien eine Verwaltungsvereinbarung geschlossen, in der die Einzelheiten der Durchführung des Übereinkommens festgelegt sind.
Viele Bestimmungen des Übereinkommens ähneln denen der Verordnung 1408/71 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Die Verordnung 1408/71 wurde inzwischen durch die Richtlinie 883/2004 ersetzt, die am 1. Mai 2010 in Kraft getreten ist. Dadurch hat sich der Anwendungsbereich des Übereinkommens geändert.
Anwendung der Ausnahmevereinbarung im Rahmen der Verordnung Nr. 883/2004
Seit der Anwendung der neuen Verordnung Nr. 883/2004 ist das Rheinübereinkommen für die Unterzeichnerstaaten, die auch Mitglieder der Europäischen Union sind (B, D, F, L, NL), nicht mehr anwendbar.
Die Vertragsstaaten des Rheinübereinkommens, die auch Mitglieder der Europäischen Union sind, haben jedoch insbesondere in Erwägung der langen Tradition und des besonderen Charakters der Rheinschifffahrt eine „Vereinbarung über die Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften für Rheinschiffer gemäß Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004“ (Ausnahmevereinbarung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften für Rheinschiffer) geschlossen, die am 11. Februar 2011 in Kraft getreten ist und rückwirkend zum 1. Mai 2010 angewandt wird.
Die Schweiz hat beschlossen, die Verordnung Nr. 883/2004 ab dem 1. April 2012 anzuwenden, und ist durch einen Zusatz (Link), der am 8. August 2012 in Kraft getreten ist und rückwirkend zum 1. April 2012 angewandt wird, Vertragspartei der Ausnahmevereinbarung geworden.
Das Rheinübereinkommen ist weiterhin in allen Vertragsstaaten gültig.
Die Zentrale Verwaltungsstelle für die soziale Sicherheit der Rheinschiffer beruht auf einer Dreierkonstruktion. Ihr gehören für jede Vertragspartei zwei Regierungsvertreter, ein Vertreter der Arbeitgeber der Rheinschifffahrt und ein Vertreter der Arbeitnehmer an. Die beiden letzteren werden durch die Regierungen in Absprache mit den repräsentativsten Verbänden der Arbeitgeber der Rheinschifffahrt und der unselbständigen Rheinschiffer benannt. Den Vorsitz in der Zentralen Verwaltungsstelle führt turnusmäßig jeweils für ein Jahr ein Regierungsvertreter.
Die Zentrale Verwaltungsstelle hat insbesondere die Aufgabe, alle Fragen der Auslegung oder Anwendung des Rheinübereinkommens zu behandeln. Sie kann Beschlüsse zur authentischen Auslegung des Rheinübereinkommens fassen.
Des Weiteren leistet sie den Personen, auf welche das Rheinübereinkommen Anwendung findet, insbesondere den Rheinschiffern und ihren Familienangehörigen, Hilfe bei der praktischen Regelung von Einzelfällen. Diese einzigartige und wirkungsvolle Aufgabe verdient besondere Erwähnung, da auf diese Weise eine Vielzahl von Einzelfällen einer zügigen außergerichtlichen Lösung zugeführt werden können.
Um der Annahme der Vereinbarung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften Rechnung zu tragen, sollen die Aufgaben der Zentralen Verwaltungsstelle demnächst der neuen Situation angepasst werden.